Autor: Gebrüder Grimm
Es war einmal ...
... ein reicher Mann, der lebte lange Zeit vergnügt und zufrieden mit seiner Frau seinem einzigen Töchterlein zusammen. Doch eines Tages wurde die Frau sehr krank. Als sie im Sterben lag, rief sie ihre Tochter und sagte:
Nachdem sie das gesagt, schloß sie ihre Augen und starb.
Das Mädchen weinte sehr und pflanzte, wie die Mutter es ihr gesagt hatte, ein kleines Bäumchen auf ihr Grab. Es brauchte kein Wasser zu bringen, um es zu begießen, denn seine Tränen waren genug.
Schwere Zeiten
Bald darauf kam der Winter und der Schnee deckte ein weißes Tüchlein über das Grab der Mutter. Als die Sonne es wieder weggezogen hatte und das kleine Bäumchen schon zum zweitenmal grün geworden war, nahm sich der Vater eine andere Frau. Die Stiefmutter aber hatte schon zwei Töchter. Diese waren von schöner Gestalt, aber in ihrem Herzen stolz und bösartig.
Als nun die Hochzeit vorbei war und alle drei in das Haus Vaters kamen, brachen schlimme Zeiten für das arme Mädchen an.
fragte die Stiefmutter.
Da nahmen ihm die Stiefschwestern die Kleider weg und zogen ihm ein altes graues Kleidchen an:
sagten sie, lachten es aus und führten es in die Küche.
Da musste das arme Kind schwere Arbeit tun. Früh vor Tagesanbruch stand es auf, holte Wasser, entzündete das Feuer, kochte das Essen und wusch die Wäsche.
Den bösen Stiefschwestern war dies nicht genug. Sie taten ihm noch alles gebrannte Herzeleid an, verspotteten es, schütteten ihm Erbsen und Linsen in die Asche, so dass es den ganzen Tag sitzen und sie wieder auslesen musste.
Wenn es Abends müde war, shatte es kein Bettchen, sondern es musste sich neben dem Herd in die Asche legen. Und weil es da immer in Asche und Staub lag und schmutzig war, gaben sie ihm den Namen Aschenputtel.
Der Prinz sucht eine Braut
Eines schönes Tages ging die Nachricht, dass der König zum Ball lud. Dieser sollte in aller Pracht drei Tage dauern, denn sein Sohn, der Prinz, sollte sich eine Gemahlin suchen. Die zwei stolzen Schwestern wurden auch eingeladen.
riefen sie.
Aschenputtel gab sich alle Mühe und putzte sie so gut es konnte. Die Schwestern gaben ihm aber nur böse Worte und als sie fertig waren, fragten sie spöttisch:
sagte die Älteste,
Damit gingen sie fort und Aschenputtel stand am Tore und sah ihnen nach. Als es nichts mehr sehen konnte, ging es traurig in die Küche und schüttete die Linsen auf den Herd.
sagte es und seufzte dabei:
Unerwartete Hilfe
Da kniete es sich vor den Herd in die Asche und wollte anfangen zu lesen, als plötzlich zwei weiße Tauben durchs Fenster flogen und sich neben die Linsen auf den Herd setzten. Sie nickten mit den Köpfchen und sagten:
antwortete Aschenputtel.
Und pick, pick! pick, pick! fingen sie an. Sie fraßen die schlechten weg und ließen die guten liegen. Nach einer Viertelstunde waren die Linsen so rein, dass nicht eine falsche darunter war und Aschenputtel sie alle ins Töpfchen streichen konnte.
Darauf aber sagten die Tauben:
Aschenputtel ging ihnen nach und stieg bis ganz nach oben auf die letzte Sprosse. Von dort konnte es in den Saal sehen und sah seine Schwestern mit dem Prinzen tanzen. Es flimmerte und glänzte von den vielen tausend Lichtern. Als es sich satt gesehen hatte, stieg es wieder herab und es war ihm schwer ums Herz. Es legte sich in die Asche und schlief ein.
Am anderen Morgen kamen die zwei Schwestern in die Küche und als sie sahen, dass Aschenputtel die Linsen rein gelesen hatte, waren sie böse. Sie wollten es gern schelten, doch sie konnten nicht. Da fingen sie an, von dem Ball zu erzählen und sagten:
sagte Aschenputtel,
fragte die Älteste.
Wie sie das hörten, trieb sie der Neid und sie befahlen, dass der Taubenstall niedergerissen werden sollte.
Aschenputtel aber musste sie wieder kämmen und putzen. Da sagte die Jüngste, die noch ein wenig Mitleid im Herzen hatte:
sagte die Älteste,
Aschenputtel setzte sich betrübt auf den Herd und schüttete die Wicken aus. Da flogen die Tauben wieder herein und fragten freundlich:
Pick, pick! pick, pick! gings so geschwind, als wären zwölf Hände da. Als sie fertig waren, sagten die Tauben:
Prinzessin Aschenputtel
sagte es,
da ging Aschenputtel hinaus, schüttelte das Bäumlein und sprach:
Kaum hatte es das ausgesagt, da lag ein prächtiges, silbernes Kleid vor ihm. Perlen, seidene Strümpfe mit silbernen Zwickeln und silberne Pantoffel zierten es und was sonst noch dazu gehörte.
Aschenputtel trug alles ins Haus und als es sich gewaschen und angezogen hatte, da war es so schön wie eine Rose, die der Tau gewaschen hat.
Wie es vor die Haustüre kam, so stand da ein Wagen mit sechs federgeschmückten Rappen und Dienern in Blau und Silber. Die hoben es hinein und so gings im Gallop zum Schloß des Königs.
Der Prinz aber sah den Wagen vor dem Tor halten und meinte eine fremde Prinzessin käme angefahren. Da ging er selbst die Treppe hinab, hob Aschenputtel hinaus und führte es in den Saal.
Als der Glanz der viel tausend Lichter auf es fiel, da war es so schön, dass jedermann sich darüber verwunderte. Auch die Schwestern standen da und ärgerten sich, dass jemand schöner war als sie. Aber sie dachten niemals, dass es das Aschenputtel sein könnte, das zu Hause in der Asche lag.
Der Prinz aber tanzte mit Aschenputtel und ihm ward königliche Ehre angetan. Er gedachte auch bei sich:
Für so lange Zeit in Asche und Traurigkeit lebte Aschenputtel nun in Pracht und Freude. Als aber Mitternacht kam, ehe es zwölf geschlagen hatte, stand es auf, neigte sich und wie der Prinz bat und bat, so wollte es nicht länger bleiben.
Da führte es der Prinz hinab. Unten stand der Wagen und wartete und so fuhr es fort in Pracht wie es gekommen war.
Als Aschenputtel zu Haus war, ging es wieder zu dem Bäumlein auf der Mutter Grab:
Da nahm der Baum die Kleider wieder, und Aschenputtel hatte sein altes Aschenkleid an. Damit ging es zurück, machte sich das Gesicht staubig und legte sich in die Asche schlafen.
Am Morgen darauf kamen die Schwestern, sahen verdrießlich aus und schwiegen still.
Aschenputtel sagte:
sagte Aschenputtel.
sagte die älteste und sah Aschenputtel böse an,
Aschenputtel musste zum drittenmal die zwei Schwestern putzen und zum Lohn gaben sie ihm eine Schüssel mit Erbsen. Die sollte sie rein lesen.
rief die älteste noch nach.
Aschenputtel gedachte:
und das Herz schlug ihm ein wenig.
Wer sie wohl ist?
Die Tauben aber kamen wie an dem vorigen Abend und sagten:
Die Tauben pickten wieder die bösen heraus und bald waren fertig damit. Dann sagten sie:
Aschenputtel ging hin:
Da fiel ein Kleid herab, das war noch viel herrlicher und prächtiger als das vorige. Es war ganz von Gold und Edelgesteinen, dabei goldene Strümpfe und goldene Pantoffel. Als Aschenputtel damit angekleidet war, da glänzte es wie die Sonne am Mittag.
Vor der Türe hielt ein Wagen mit sechs Schimmeln. Die hatten hohe weiße Federbüsche auf dem Kopf und die Diener waren in Rot und Gold gekleidet.
Als Aschenputtel ankam, stand schon der Prinz auf der Treppe und führte sie in den Saal. Und waren gestern alle über ihre Schönheit erstaunt, so erstaunten sie heute noch mehr. Die Schwestern aber standen in einer Ecke und waren blass vor Neid. Hätten sie gewußt, dass es das Aschenputtel war, das zu Haus in der Asche lag, sie wären gestorben vor Neid.
Der Prinz aber wollte wissen, wer die fremde Prinzessin sei, woher sie komme und wohin sie fahre und hatte Leute auf die Straße gestellt, die sollten Acht darauf haben. Und damit sie nicht so schnell fortlaufen könne, hatte er die Treppe ganz mit Pech bestreichen lassen.
Aschenputtel tanzte und tanzte mit dem Prinzen, war in Freuden und gedachte nicht an Mitternacht. Auf einmal, wie es mitten im Tanzen war, hörte es den Glockenschlag, da fiel ihm ein, wie die Tauben es gewarnt hatten, erschrak und eilte zur Türe hinaus. Es flog recht die Treppe hinunter, weil diese aber mit Pech bestrichen war, blieb einer von ihren goldenen Pantoffeln hängen und in der Angst dacht sie nicht daran, ihn mitzunehmen.
Wie es den letzten Schritt von der Treppe getan hatte, da hatte es zwölf ausgeschlagen. Plötzlich waren Wagen und Pferde verschwunden und Aschenputtel stand in seinen Aschenkleidern auf der dunkeln Straße.
Der Prinz war ihr nachgeeilt und auf der Treppe fand er ihren goldenen Pantoffel. Er riß ihn los und hob ihn auf. Wie er aber unten hinkam, war alles verschwunden. Die Leute, die zur Wache standen, kamen auch und sagten, dass sie nichts gesehen hätten.
Aschenputtel war froh, dass es nicht schlimmer gekommen war. Es ging nach Hause, steckte sein trübes Lämpchen an, hängte es in den Schornstein und legte sich in die Asche.
Der Prinz sucht seine Braut
Es währte nicht lange, da kamen auch die beiden Schwestern und riefen:
Aschenputtel gähnte und tat als wachte es aus dem Schlafe auf. Beim Leuchten aber hörte es, wie die eine sagte:
sagte die andere.
Aschenputtel wußte wohl wer die fremde Prinzessin war, aber es sagte kein Wörtchen.
Der Prinz aber dachte:
Er ließ bekannt machen, welcher der goldene Pantoffel passe, die solle seine Gemahlin werden.
Aber allen war er viel zu klein, ja manche hätten ihren Fuß nicht hineingebracht, wenn beide Pantoffeln einer gewesen wären.
Endlich kam die Reihe auch an die beiden Schwestern, die Probe zu machen. Sie waren froh, denn sie hatten kleine, schöne Füße und glaubten, uns kann es nicht fehlschlagen. Wär der Prinz nur gleich zu uns gekommen.
sagte die Mutter heimlich,
Da ging die älteste in ihre Kammer und probierte den Pantoffel an. Die Fußspitze kam hinein, aber die Ferse war zu groß. Da nahm sie das Messer und schnitt sich ein Stück von der Ferse, bis sie den Fuß in den Pantoffel hineinzwängte. So ging sie heraus zu dem Prinzen und wie der sah, dass sie den Pantoffel anhatte, sagte er, das sei die Braut.
Er führte sie zum Wagen und wollte mit ihr fortfahren. Wie er aber an dass Tor kam, saßen oben die Tauben und riefen:
Der Prinz bückte sich und sah auf den Pantoffel, aus dem das Blut quoll. Er merkte, dass er betrogen worden war und führte die falsche Braut zurück.
Die Mutter aber sagte zur zweiten Tochter:
Da nahm sie den Pantoffel in ihre Kammer, und als der Fuß zu groß war, biss sie die Zähne zusammen, schnitt ein großes Stück von den Zehen ab und drückte den Pantoffel geschwind auf.
Wie sie damit hervorkam, meinte der Prinz, diesmal wäre es die rechte und wollte mit ihr fortfahren. Als er aber in das Tor kam, riefen die Tauben wieder:
Der Prinz sah nieder und sah die weißen Strümpfe der Braut vom Blute rot gefärbt. Da brachte sie der Prinz der Mutter wieder und sagte:
Happy End
sagte die Mutter.
Sie wollte es auch nicht rufen lassen, aber der Prinz verlangte es. Da wurde Aschenputtel gerufen. Wie es hörte, dass der Prinz da sei, wusch es sich geschwind Gesicht und Hände frisch und rein. Und wie es in die Stube trat, reichte ihr der Prinz den goldenen Pantoffel und sagte:
Da streift es den schweren Schuh von dem linken Fuß ab, setzt ihn auf den goldenen Pantoffel und drückte ein klein wenig, da stand es darin, als wäre er ihm angegossen. Und als es sich aufrichtete, sah ihm der Prinz ins Gesicht und er erkannte die schöne Prinzessin wieder und rief:
Die Stiefmutter und die zwei stolzen Schwestern erschraken und wurden bleich. Aber der Prinz führte Aschenputtel fort und hob es in seinen Wagen. Und als sie durchs Tor fuhren, da riefen die Tauben: